Haftbarhaltung

Die Sache mit der Haftbarhaltung…

Was ist die Haftbarhaltung? Und was hat diese mit dem Zoll zu tun? Beides wollen wir dir im heutigen Beitrag erläutern und dir erklären, wie du darauf reagieren kannst. Um dir zu erklären wie du einen Transportschaden entsprechend bei deiner Zollerklärung geltend machen kannst, müssen wir die Geschichte aber ein wenig aufbauen. Lies also gerne weiter auch wenn du glaubst das es dich nicht betriff, das Gute kommt zum Schluss J

Was ist ein Transportschaden?

Wir wünschen es keinem, aber jedem von uns wird es in seiner unternehmerischen Laufbahn mal passieren: ein Paket kommt vom Lieferanten beschädigt bei uns an. Was kann alles eine Beschädigung sein und was ist von dir als Unternehmer dabei zu prüfen? Oder anders herum formuliert: wie musst du dich verhalten um deinen Schaden ersetzt zu bekommen!

Die Rechtsgrundlage für alles muss ein Kaufgeschäft sein. Es ist egal du etwas in China bestellt, in den USA, in Österreich oder auch in Deutschland. Grundlage ist immer ein Kaufgeschäft, bei dem sich zwei übereinstimmende Absichten treffen. Der Eine der Ware hat und zu einem Preis verkaufen will und der Andere der Ware braucht und zum Preis abnimmt. Wichtig: beide Beteiligte müssen Wirtschaftsobjekte sein, wie das Handelsgesetzbuch sie definiert. Aber findet das HGB Anwendung bei einem Kauf von Ware in China? Das kann man beleuchten, aber wir überlassen das an der Stelle den Experten die sich wirklich damit auskennen. Wir uns ist es erst einmal irrelevant welches Gesetz hier Anwendung findet.

Der Kaufvertrag nach dem Handelsgesetzbuch

Zu jedem Kaufvertrag muss es auch entsprechend die Möglichkeit geben die Ware zu beanstanden. Hierzu gibt es im HGB den Paragrafen 377. Dort ist im Absatz geregelt:

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

Das bedeutet? Für dich heißt es, das du beim Erhalt der Ware UNVERZÜGLICH die Ware auf ihren Zustand prüfst. Unter UNVERZÜGLICH versteht das Gesetz und die Rechtsprechung den Begriff: SOFORT! Spätestens 24 Stunden nach Erhalt (werktäglich) der Ware musst du die Prüfung vorgenommen haben, so zumindest die vorherrschende rechtliche Meinung. Wir sind aber keine Rechtsberatung, weswegen du dich dazu im Bedarfsfall entsprechend bei einem Experten beraten lassen solltest.

Du solltest deine Sendung sofort (!) kontrollieren wenn der Bote noch da ist!

Im Transportwesen spricht man von einem Mangel, wenn dich das Paket in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt erreicht. Ist das Karton eingerissen, eingedrückt, verdreckt, durchnässt oder irgendwie anders von seinem Originalzustand abweichend, handelt es sich um einen Mangel im Sinne des Gesetzes. Hier musst du direkt (!) bei der Ablieferung den Zustand beanstanden.

Nach § 438 HGB bist du verpflichtet das Paket bei Ablieferung zu prüfen. Die Prüfung umfasst alle Seiten des Pakets. Darunter versteht man eine Sichtprüfung, die vorgenommen werden kann ohne das Paket zu öffnen.

Gleichzeitig bist du aber auch dazu verpflichtet das Paket weitergehend zu prüfen wie beispielsweise durch riechen, hören oder tasten. Hierbei spricht man von „sonstigen sinnlichen Wahrnehmungen“ die du gewinnen kannst. Stellt dein Bote dir das Paket mit einem auffallenden Klirren vor die Tür ohne das du äußere Schäden erkennen kannst, solltest du in seinem Beisein das Paket öffnen und schauen wie darin aussieht. Importierst du Weingläser ist ein Klirren eher doof 🙂

Die Checkliste die du kennen solltest

Rechtsanwalt Frank Geissler aus dem schleswig-holsteinischen Norderstedt hat in der Ausgabe 08/2010 der Zeitschrift Wirtschaftsdienst Spedition, Transport & Logistik unter dem Titel „Schäden richtig rügen: So vermeiden Sie einen Verlust Ihrer Ansprüche“ sehr treffend und prägnant heraus gearbeitet. Seine Checkliste „Prüf-Punkte“ solltest du unbedingt verinnerlichen und beachten!

Nun aber zur Haftbarhaltung

Stellen wir uns vereinfachend vor, dass du einen Schaden bei einer Sendung hast, diesen bemerkt und auch rechtzeitig angezeigt hast. Aus dem § 439 HGB Absatz 1 geht hervor, dass Ansprüche aus einem Schadensfall nach einem Jahr verjähren und damit verfallen. Diese Frist ist vergleichsweise kurz, da sie mit dem Tag der Ablieferung beginnt und es dann nur ein Jahr Zeit gibt, in der du den Schuldigen dafür belangen kannst. Wer also findig ist und auf Zeit spielt, versucht einfach die Jahreshürde zu knacken und ist raus.

Für dich gibt der § 439 HGB im dritten Absatz aber etwas her, und zwar:

(3) Die Verjährung eines Anspruchs gegen den Frachtführer wird auch durch eine Erklärung des Absenders oder Empfängers, mit der dieser Ersatzansprüche erhebt, bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem der Frachtführer die Erfüllung des Anspruchs ablehnt. Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform. Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

Wir stellen uns vor, dass du den Schaden entsprechend dokumentiert, gemeldet und bei deinem Transporteur entsprechend eingereicht hast. Dieser reagiert nicht und die Zeit läuft wie beschrieben nach dem § 439 Absatz 1 gegen dich. Mit Hilfe der beschriebenen „Erklärung des Empfängers“ kannst du diese Frist nun hemmen. Darunter versteht man, dass das Weiterlaufen der Zeit unterbrochen wird. Und genau das ist die sogenannte Haftbarhaltung. Du kannst dir also mit dieser Erklärung Zeit schaffen den Schaden innerhalb der Verjährungsfrist zu regulieren.

Wie sieht eine solche Haftbarhaltung aus?

Konkret musst du hierbei den Bezug zwischen der Schadensverursachung und dem Transportweg herstellen. Dazu sind die Transportdokumente wie eine CMR, ein Bill of Loading, eine Rollkarte oder ähnliches sehr gut geeignet. Nachdem die Verbindung hergestellt ist, muss der Schaden entsprechend beschrieben werden. Es ist nicht ausreichend zu behaupten, dass die Sendung defekt oder kaputt ist. Du solltest im Hinterkopf haben, das ein solcher Fall bei Anwälten oder sogar bei Gericht landen kann. Gib dir also Mühe bei der Beschreibung und formuliere es so konkret wie möglich. Zusätzlich dazu ist Bildmaterial in Form von Fotos oder Videos die perfekte Ergänzung zu deinen Unterlagen.

Die Haftbarhaltung selbst ist ein übermitteltes Schreiben, wie es der § 439 HGB Absatz 3 vorschreibt, wenn geschrieben steht: „Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung bedürfen der Textform“. Kurz umschrieben bedeutet die Textform hierbei ein eindeutig zugestelltes, eigenhändig unterschriebenes Dokument. Es ist im heutigen Alltag normal sich solche Erklärungen auch per Mail zu schreiben, allerdings gibt es hierzu unterschiedliche Urteile ob dies ausreichend ist. Zur deiner eigenen Sicherheit solltest du die Erklärung also neben der Mailform auch als Einschreiben an den Empfänger senden und die Unterlagen entsprechend sauber ablegen.

Im optimalen Fall bekommst du den Schaden von deinem Transporteur in voller Höhe ersetzt. Im schlechten Fall musst du einen Anwalt mit der Durchsetzung deiner Interesse beauftragen und bleibst bis zur vollständigen Klärung erst einmal auf dem Schaden sitzen.

Was hat die Haftbarhaltung  mit dem Zoll zu tun?

Die Haftbarhaltung ansich ist eine Möglichkeit für dich als Unternehmer den Verursacher eines Schaden in Regress nehmen zu können. Das Gesetz hat hier nur eine recht kurze Verjährungsfrist, so das mit Hilfe der Haftbarhaltung diese unterbrechen, sprich hemmen, kannst.

Mit Aussprache der Haftbarhaltung sowie dem Nachweis über einen Schaden der dir an deiner Ware entstanden ist, versuchst du dir die Kosten für die Ware zurück zu holen. Diese Kosten umfassen jedoch nur den Einkaufspreis. Speziell dann wenn du das Paket bereits verzollt hast, hindert es den Zoll nicht die entsprechenden Abgaben dafür einzufordern.

Hier hast du nun nach § 124 UZK Absatz 1 Buchstabe g) die Möglichkeit dir die Zollabgaben entsprechend erstatten zu lassen. Im Wortlaut des Gesetzes wird hier vom Erlöschen der Zollschuld gesprochen.

Die Zollschuld erlischt, wenn das Verschwinden der Waren oder die Nichterfüllung der zollrechtlichen Verpflichtungen darauf zurückzuführen ist, dass die betreffenden Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit, infolge unvorhersehbarer Ereignisse oder höherer Gewalt oder auf Anweisung der Zollbehörden vollständig zerstört wurden oder unwiederbringlich verloren gegangen sind.
Eine Ware gilt als unwiederbringlich verloren gegangen, wenn sie von niemandem mehr zu verwenden ist.

Das Ganze mit Hilfe von unserem Beispiel-Bernd einmal vorgerechnet

Importiert unser Bernd also 1.000 T-Shirts aus China und verzollt diese über seinen Dienstleister ohne die Ware gesehen zu haben, muss er folglich die Zollabgaben dafür leisten. Er steht in der Zollschuld für die gesamte Menge. Nehmen wir an, dass er bei seinem Lieferant 2 Euro je Stück inkl Fracht bezahlt hat. Der Zollwert seiner Sendung beträgt also vereinfacht gerechnet 1.000 Stück x 2 € = 2.000 €. Er verzollt unter der Warentarifnummer 6109 9020 00 0 wie wir bereits ermittelt hatten mit 12%, folglich also 240 € Zollabgaben.

Nachdem er das Paket erhalten und geöffnet hat, muss er feststellen, dass die Hälfte der Sendung verschimmelt ist. Die T-Shirts nicht mehr brauchbar und für ihn nicht zu verkaufen. Bernd sollte nun unbedingt die Zollschuld aus dem Bescheid zahlen, aber dennoch einen Antrag auf Erstattung stellen. Erstattungsfähig sind dabei für die Hälte der defekten Ware auch entsprechend die Hälfte der Zollabgaben. Das entspricht also 120 €.

Wichtig ist an der Stelle, dass er den Schaden entsprechend dokumentiert. Eine genaue Beschreibung sowie ausreichend Fotomaterial sollten den Schaden unmissverständlich belegen. Mit dieser Anlage muss er als Zollschuldner das Formular 0223 ausfüllen und an den Zoll senden. Die Frist hierzu beträgt mindestens ein Jahr, in welchem der Erstattungsantrag gestellt werden muss.

WICHTIG: Der Zoll hat selbst eine Frist von 30 Tagen deinen Antrag anzunehmen. Das ist noch nicht der Bescheid über dein Anliegen sondern lediglich die Bestätigung der Annahme. Sollte dein Antrag unzureichend wegen fehlender Unterlagen oder Nachfragen sein, bekommst du eine Nachbesserungs-Frist von 30 Tagen gesetzt. Diese musst du unbedingt einhalten, da danach der Antrag abgewiesen wird.

Fazit zur Haftbarhaltung und dem Erstattungsanspruch beim Zoll

Erhältst du Ware von deinem Lieferanten, die entweder direkt bei Anlieferung als beschädigt erkennbar oder später durch einen versteckten Mangel unbrauchbar sein soll, musst du unbedingt drei Dinge tun:

  1. den Schaden ausreichend dokumentieren, damit du den Nachweis antreten kannst
  2. dem Verursacher deine Haftbarhaltung im vorgeschriebenen Format übermitteln
  3. eventuell zu viel gezahlte Zollabgaben über einen Erstattungsantrag zurück holen

Warum nicht auch gleich die Einfuhrumsatzsteuer erstatten lassen?

Die EUST ist in deiner Buchhaltung lediglich ein durchlaufender Posten. Auf die Rechnung des Lieferanten wirst du entsprechende Vorsteuer gezogen haben, die sich nun gegen die Einfuhrumsatzsteuer aus dem Zollbescheid wieder nivelliert.

Die Haftbarhaltung dient also der Absicherung deiner Ansprüche und Forderungen gegenüber dem Verursacher des Schaden. Sie umfasst jedoch nicht die Zollabgaben, die du dir vom Zoll selbst zurück erstatten lassen musst.

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