Zolltarif

Was ist der Zolltarif?

Wo finde ich die rechtliche Grundlage für den Zolltarif?

Die Existenz des Zolltarif ergibt sich aus der EWG-Verordnung 2658/87. Kurz zusammen gefasst und frei übersetzt ist in dieser VO sinngemäß der Anspruch der Union (damals noch EWG) enthalten ein System einzusetzen, das die Einreihung der Ware für den gesamten Wirtschaftsraum vorsieht. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Nomenklatur sowie dem Maßnahmenteil.

Was ist der Zolltarif in der praktischen Anwendung?

Der Zolltarif ist letztlich nichts anderes als eine riesige Datenbank. In dieser Datenbank sind alle Erkenntnisse aller jemals importierten oder exportierten Artikel enthalten. Die Zollbehörden sind Kraft Gesetztes für die Überwachung der Warenverkehre zuständig. Um diese Warenverkehre zu quantifizieren, war es entsprechend notwendig ein System zu entwickeln, das dieses gewährleisten kann.

Aufgebaut ist die Datenbank derzeit in 97 verschiedene Artikelgruppen. Wer diese liest wird erst einmal verwundert sein, da die Systematik nicht sofort erkennbar ist. Um eine bessere Unterscheidung zu erlangen, sind diese Gruppen zusätzlich nochmal in 21 Abschnitte unterteilt.

Der Zolltarif ist nach dem Verarbeitungsgrad zu lesen

In den Kategorien am Ende werden unbehandelte, roh gewonnene Waren behandelt. Beispiel hierfür sind pflanzliche Ursprungswaren oder lebende Tiere. Wer also Ziegen aus China importiert, ist hier gut aufgehoben 🙂

Je höher die Nummer des Kapitels wird, desto höher ist auch der Verarbeitungsgrad der Ware. In Abschnitt 9, also knapp der Hälfte gemessen an der Anzahl der Abschnitte, werden in den Kapiteln 44 bis 46 die Holzwaren beschrieben. Darunter ist sowohl bearbeitetes Holz aber auch aus Holz geflochtene Produkte im Sinne des Zolltarif verstanden worden.

Der vorletzte Abschnitt 20 beschäftigt sich dann mit sehr aufwendig verarbeiteten Produkten wie beispielsweise Sportgeräten, Unterhaltungsartikel oder Möbel. Dieses vorletzte Kapital ist das Sammelbecken für alles das, was in den letzten 15-30 Jahren erfunden wurde und nicht in eine vorherige Abschnittseinheit oder Kapital thematisch gepasst hat.

Wie kann ich meinen Zolltarif online finden?

Ich empfehle jedem sich mal irgendwann eine Stunde zu nehmen und in den Kapiteln umher zu surfen. Man erhält sehr schnell einen Eindruck und ein Verständnis für den Aufbau des Zolltarif.

Wer nun sein Produkt zuordnen möchte, sollte in dieser Art der Kapitel entsprechend suchen. Um es an unserem Beispiel-Fall aus einem vergangenen Artikel plakativ vorzuführen, reaktiveren wir unseren Avatar Bernd. Er soll dieses Mal Ware von seinem Lieferanten aus China erhalten.

Bernd hat natürlich im Vorfeld seinen Lieferanten um Mitteilung der Zolltarifnummer gebeten, aber das Ergebnis kennt in Deutschland niemand. Selbstverständlich hat Bernd die übermittelte Nummer geprüft, kann aber keinen passenden Eintrag im Zolltarif dazu finden. Also muss er selbst ran.

Wichtig: teilt Euch ein Lieferant, egal ob aus einem Drittland oder der Union, eine Zolltarifnummer mit, unter der ich verzollen sollst, seid ihr in der Pflicht diese zu prüfen. Der Lieferant ist für diese Information nicht haftbar zu machen; ihr seid voll verantwortlich.

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen – lass Dich nicht entmutigen

Er geht auf die Seite des Zoll und ruft dort links im Menü den Link zum Elektronischen Zolltarif auf. Wer Papier mag, kann sich die 800 Seiten ausdrucken oder als jährlich aktualisiertes Werk als Buch kaufen. Ich möchte hier aber vor allem die Online-Lösung zeigen.

Nach die Seite des EZT aufgebaut ist, wählt Bernd dort den Button „ZUR EINFUHR“ an. Das Datum, also der ausgewiesene maßgebliche Zeitpunkt, kann hier auf dem Tagesdatum stehen bleiben. Dieses ist lediglich dann interessant, wenn man nachträglich Korrespondenz mit dem Zoll hat und prüft, unter welcher Einreihung der Artikel zu einem bestimmten Datum eingeführt wurde. Für uns also derzeit irrelevant.

Im nächsten Fenster wählt Bernd „EINREIHUNG“ und dort dann „WARENNOMENKLATUR“ an. Nun ist er in dem angesprochenen Stichwortverzeichnis; der Datenbank die alles weiß. Zunächst ist er erschlagen, erinnert sich aber schnell an die Stunde die er mal darin bei einem Glas Wein rumgesurft ist 🙂 Bei seiner Fitness-Bekleidung handelt es sich ja um verarbeitete Produkte. Das bedeutet das er die ersten Abschnitte überspringen kann und dann in der Abschnittsbeschreibung später suchen sollte.

Abschnitt 11, Kapitel 50 – 63 Spinnstoffe und Waren daraus?

Er klickt einfach mal auf das kleine Plus und im nächsten Moment öffnen sich die einzelnen Kapitel des Abschnitts. Mäntel, Anzüge, Jacken? Das klingt doch gar nicht so verkehrt. Er liest weiter und findet dort im Kapital 61 die Position 6109 – T-Shirts, Unterhemden (…). Er schaut sich die Untertitel an muss sich nun die Zusammensetzung seiner Kleidung anschauen. Ist diese aus Baumwolle oder anderen Spinnstoffen? 40 % Baumwolle, 30 % Polyester und nochmal 30 % von irgendwas. Was ist nun maßgeblich?

Das werde ich in einem späteren Artikel behandeln, da die Herleitung sehr kompliziert sein kann. Ich empfehle an der Stelle auf den Stoff zu gehen, der der Beschreibung nach zum größten Anteil verwendet wurde. Dank der Aufstellung sieht Bernd ja, was zur Auswahl steht. Baumwolle oder andere Spinnstoffe, die sich dann noch in feine Tierhaare oder Chemiefasern unterteilen.

Zusätzlich empfehle ich sich die verschiedenen Optionen anzuschauen und auch durchzuklicken. Kommen bei der finalen Bewertung eines Artikels in mehrere Optionen unterschiedliche Zollsätze heraus, rege ich an sich für den höheren Satz zu entscheiden.

Herleitung der Maßnahmen aus der Nomenklatur

Kurz zu Ende: Bernd entscheidet sich für die Chemiefasern und klickt darunter auf den Link „Übersicht Maßnahmen“. Damit ist er dann im zweiten Teil des Zolltarif. Eingangs hatte ich beschrieben das dieser aus zwei Teilen besteht, nämlich einmal der Nomenklatur und einmal aus dem Maßnahmenteil. Die Nomenklatur, also die Zuordnung, oder wie es korrekt heißt „Einreihung“, der Ware in ein Kapital, hat Bernd mit der Entscheidung für die Chemiefasern abgeschlossen. Seine Warentarifnummer ist die 6109 9020 00 0, wie sie dort auch im EZT aufgeführt ist.

Er klickt nun auf die Maßnahmen und erhält eine Übersicht, die ein wenig wie eine Exceltabelle aussieht. Vorne ist die Warentarifnummer (als Codenummer bezeichnet), danach der Kapiteltext aus der Nomenklatur und dann steht dort der Zollsatz. Bezeichnet ist er als „Drittlandszollsatz“ und ist meistens in Prozent angegeben. Das ist der Zollsatz, den Bernd beim Import für seine Ware an Zollabgaben zu entrichten hat.

War es das mit dem Zolltarif?

Fast. Das Feld der Beschränkungen ist noch wichtig. Dort muss nichts drin stehen, kann aber. Und die Texte sind enorm wichtig für Bernd. Stand heute steht dort zum Beispiel etwas von „Vorherige Überwachung bei Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr“ mit dem Vermerk KP. Klickt man auf das KP, was verlinkt ist, erhält man die Beschränkung. Es handelt sich um eine Beschränkung beim Import aus Nordkorea. Da Bernd aus China importiert, fällt im ein Stein vom Herzen.

Der nächste Satz in dem Feld der Beschränkungen heisst „Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr (mengenmäßige Beschränkung). Die Bedingungen sind einzuhalten!“ mit dem Vermerk BY und KP. Bei KP wissen wir ja nun, das es sich um Nordkorea handelt. Aber was ist BY? Also klickt er drauf. Super, das ist nur Weißrussland und damit nicht sein Importland.

Geht das auch einfacher? Muss ich jedes Mal die Liste der Länder absuchen?

Ja, es geht einfacher. Wenn Du Deine Zolltarifnummer kennst, kannst Du auf dem Eingangsbildschirm, wo im Beispiel „Einreihung“ und „Warennomenklatur“ ausgewählt wurde, einfach auf „Suchkriterien“ gehen. Dort erhälst Du eine ähnliche Übersicht, bei der Du das geografische Gebiet auswählen kannst. Trägst Du hier „CN“ für China oder eine anderen ISO-Ländercode ein, bekommst Du nur die Maßnahmen und Hinweise für dieses Land angezeigt.

Bernd würde hier dann den MN-Schlüssel 710 „Einfuhrkontrolle – CITIES“ sehen, der hier keine Relevanz haben soll, sowie unter 103 den Drittlandszollsatz.

Wer sich an der Stelle mal den Spaß macht und als Land KP für Nordkorea eingibt, wird sehen das der Maßnahmenkatalog um die beschlossenen Embargos in der Ansicht erweitert ist.

Übrigens: hätte er sich an der Stelle vorher für die Baumwolle entschieden, hätte diese ebenfalls einen Zollsatz von 12 % gehabt. Deswegen empfehle ich an der Stelle nochmals die Alternativen durchzugehen, aufzurufen und sich im Zweifel für den höchsten Satz zu entscheiden. Eine Erstattung ist immer besser als eine verzinste Nachzahlung.

Ist das jetzt rechtssicher? Und was kann passieren?

Leider eher nein. Man kann hier nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten, aber rechtssicher ist das nicht. Wenn Bernd heute so verzollt und nächstes Jahr einer Zollprüfung unterzogen wird, kann es dabei zu abweichenden Ergebnissen kommen. Aber wieso? Die genaue Erklärung hierzu folgt in einem späteren Artikel, aber wie bereits angedeutet könnte die Beschaffenheit des Artikels vom Zoll anders bewertet werden als von Bernd. Vollkommen konstruiert, nicht real und ich möchte keinem zu nahe treten, aber wenn der Prüfer der Überzeugung ist, dass es sich bei der Fitness-Kleidung nicht um ein T-Shirt handelt, sondern eine Schutzkleidung gegen Schweiß handelt, kann Bernd sich nicht darauf berufen die Ware bis dato so verzollt zu haben. Er kann dann für die vergangenen drei Jahre sowohl für eine Nachzahlung belangt werden als auch selbstverständlich für eine Erstattung.

Rechtssicherheit wird in solchen Fällen nur erlangt, wenn man eine verbindliche Zolltarifauskunft zu der Ware einholt. Die Kosten hierfür sind für den Unternehmer meistens sehr gering und beschränken sich auf den Warenwert, da mein ein Muster zur Verfügung stellen muss. Dieses schickt man mit einem Antrag an die Prüfstelle des Zoll und erhält dann 3-6 Monate später eine verbindliche Aussage zur Einreihung der Ware. Diese ist dann rechtssicher.

Fazit zum Zolltarif

  • Der Zolltarif ist riesige, systematische Datenbank aus der mit Hilfe der Nomenklatur die eigene Ware eingereiht werden muss
  • Die Kapitel der Datenbank sind aufsteigend nach Verarbeitungsgrad sortiert
  • Wer seine Zolltarifnummer gefunden hat, kann sich tagesaktuell die hinterlegten Maßnahmen auf der Datenbank anschauen, d.h. den Zollsatz und eventuelle Handelsbeschränkungen
  • Rechtssicherheit erhält man jedoch nur mit einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA), die beantragt werden muss (und kostenlos ist)

Im nächsten Artikel gehe ich genau auf diese verbindliche Zolltarifauskunft ein und zeige Dir, wie Du diese bei wem beantragst um Deine Absicherung bei der Verzollung zu erlangen.

Hast Du Fragen zum Zolltarif? Was sind Deine Erfahrungen oder Tipps, die Du den Lesern geben kannst? Ich freue mich über jeden Hinweis und jeden Kommentar.

Gruß

Tobias

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