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Wer Ware aus einem Drittland außerhalb der Europäischen Union EU) einkauft, wird an der Grenze damit konfrontiert, seine Ware verzollen zu müssen. Neben der Einreihung der Ware und der Dokumente für den zollrechtlich freien Warenverkehr sind oftmals auch entsprechende Abgaben zu leisten. Diese nennt man Einfuhrzoll.
Wozu dient der Einfuhrzoll?
Die EU ist eine Zweckgemeinschaft verbundener Staaten. Der Wirtschaftsbund wurde geschlossen, um den Handel innerhalb dieser Gemeinschaft zu stärken. Hierzu wurde der sukzessive Abbau von Handelsbeschränkungen beschlossen. Warenverkehre innerhalb der EU sind zollfrei.
Die Staaten der Europäischen Union haben jedoch ein Interesse daran, dass die Produkte innerhalb der Wirtschaftszone produziert und verkauft werden. Zukäufe ausländischer Waren aus Drittländern werden oftmals mit Handelsbeschränkungen belegt. Damit soll erreicht werden, dass die inländische Ware bevorzugt wird oder/und im Vergleich kostengünstiger ist. Eine solche Handelsbeschränkung ist die Erhebung von Zöllen.
Ein Beispiel: Deutschland gilt als Hochlohnland, da hier viele Menschen mit hohen Wissensständen in ihren Bereichen arbeiten. Der Lebensstandard ist entsprechend gewachsen und der Wohlstand hoch. In Entwicklungsländern wie China oder Indien ist dies nicht so. Wenn du nun ein T-Shirt in Deutschland produzieren lässt, ist der Händler beispielsweise bereit, es dir für 10 Euro zu verkaufen. In diesem Preis sind die Lohnkosten und Materialkosten für das T-Shirt sowie eine Handelsmarge enthalten. In Indien sind die Lohnkosten um ein Vielfaches günstiger. Zudem ist das Material auch günstiger, weil weniger Transportweg bis zur Fabrik zurück gelegt werden muss (Textilstoffe kommen oft aus Asien). Folglich ist der indische Händler bereit, dir das T-Shirt für 5 Euro zu verkaufen. Somit kannst du die Ware am europäischen Markt günstiger anbieten als der Händler, der seine Ware aus Deutschland bezieht. Es ergibt sich also ein Wettbewerbsvorteil.
Das T-Shirt aus Indien wird nun mit einer Zollabgabe von beispielsweise 30% belegt. Wenn du 5 Euro für das T-Shirt ausgibst und 2 Euro für den Transport, musst du ganz grob gerechnet noch mal 30% auf die 7 Euro an den Zoll abführen. Somit ist dein Einkaufspreise „nur noch“ 9,10 Euro und der Vorteil ist deutlich aufgebraucht.
Einfuhrzölle dienen also dem Schutz der heimischen Wirtschaft gegen Waren und Einflüsse von außerhalb.
Wo kann ich sehen, welche Abgaben ich für meine Ware zu leisten habe?
Du oder Dein Dienstleister müssen die Ware zur Einfuhr beim Zoll anmelden. Hierzu ist es notwendig, dass du oder ein von dir beauftragter Zollagent eine Zollanmeldung für die Ware abgibt. In dieser ist für die einzuführende Ware eine Warentarifnummer zu nennen.
Was ist das? Wie du die Warentarifnummer für deine Ware ermittelst, haben wir dir hier sehr ausführlich beschrieben.
Wenn du diese Nummer nun auf der Internetpräsenz des Zoll angibst, kannst du unter dem Reiter Maßnahmen sehen, welcher Zollsatz fällig wird. Dort steht meistens ein Prozentwert, der sich auf den Einkaufspreis bezieht. Vielfach bezieht sich dies auf den Geldwert, aber einige Ware wird auch nach Stück, laufendem Meter oder Gewicht verzollt.
Und die Bühne wird erhellt, der Vorhang geht auf und es erscheint: unser Avatar Bernd. Bernd will aus Indien T-Shirts für seine Firma importieren. Er hat für seine Ware die Warentarifnummer 6109 9020 00 0 ermittelt. Auf der Seite des Zoll „Elektronischer Zolltarif“ sieht er, dass er für die Ware 12% Drittlandszollsatz abführen muss.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass 200 T-Shirts für 5 US-Dollar eingekauft und diese per Luftfracht eingeflogen werden. Die Transportkosten hierfür betragen 600 US-Dollar.
Wie genau berechnet sich der Einfuhrzoll?
Wir haben folgende Ausgangsdaten aus unserem Beispiel:
- Warenwert: 200 T-Shirts zu 5 USD / Stück = 1.000 USD
- Transportkosten bis zu seinem Lager: 600 USD
- Zollsatz gemäß Warentarifnummer: 12%
Bei der Verzollung der Ware von Bernd wird der Zollwert zugrunde gelegt. Etwas vereinfacht kann man formulieren, dass es sich dabei um den Wert der Ware handelt inklusive aller Kosten, die vom Lieferanten bis zur Zollstation entstanden sind. Maßgeblich setzt sich dies aus dem Einkaufspreis der Ware sowie den Beförderungskosten zusammen. Ist für deine Ware ein bestimmtes Zertifikat notwendig oder irgendwelche Kosten, die mit der Einfuhr und Beförderung zusammen hängen (z.B. Lagerkosten), kann der Zoll diese diese Kosten ebenfalls heranziehen.
Eine kleine Herausforderung besteht bei Luftfrachten. Hier zahlt Bernd die 600 USD pauschal, wobei beim Zoll dann zunächst unklar ist, wo das Flugzeug die Grenze zur EU übertreten hat. Wäre die Ware per LKW gekommen hätte man sehr eindeutig die Kosten bis zur Außengrenze der EU ermitteln können. Das ist beim Flugzeug anders. Die Lösung ist eine Pauschale der Frachtkosten, die angenommen wird. Diese findest du hier: Luftfracht-Tabelle des Zoll
Wenn du in der pdf-Tabelle nun mit Strg + F nach „Indien“ suchst (Mac: cmd + F) wirst du finden, dass Indien in die Transportzone J gehört. Folglich ist ein Prozentsatz von 46 % der Beförderungskosten in den Zollwert einzurechnen. Aus China sind es beispielsweise 70% und aus Japan sogar 83%.
Der Zollwert für die Sendung von Bernd beträgt also 1.000 USD Warenwert sowie 600 USD x 46% = 276 USD Frachtkosten. Insgesamt wird für die Verzollung ein Zollwert von 1.276 USD angenommen.
Berechnung des Einfuhrzoll
Einmal pro Monat wird beim Zoll der Umrechnungskurs der Devisen festgelegt. Da Bernd in US-Dollar einkauft, aber der deutsche Zoll natürlich in Euro rechnet, bedarf es dieses Devisenkurses. Den aktuell unterstellten Devisenkurs findest du hier zur Einsicht: Datenbank Umrechnungskurse
Der berechnete Zollwert muss nun auf Euro umgerechnet werden. Folglich 1.276 USD / 1,0602 (Stand 12.12.2016) = 1.203,55 Euro.
Auf diesen Wert wird nun die Einfuhrmaßnahme von 12% gemäß der Zolltarifnummer angewendet. Das ist sehr simpel in der Berechnung, nämlich 1.203,55 * 12 %. Auf den Zollwert wird also eine Zollabgabe von 144,43 Euro hinzugerechnet. Es ergibt sich durch Addition der Wert von 1.347,98 Euro. Dieser ist nun die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer. Diese entspricht der aktuellen Höhe der Mehrwertsteuer, also derzeit 19%.
1.347,98 Euro Bemessungsgrundlage plus 19% Mehrwertsteuer ergeben 1.604,09 Euro Gesamtkosten. Vernachlässigt man an der Stelle die Abwicklungskosten für den Zollagenten, importiert Bernd die Ware also für 1.604 Euro, was einem Stückpreis von 8,02 Euro entspricht.
Als Einfuhr-Abgaben muss Bernd entsprechend 144,43 Euro Zoll und 256,11 Euro Einfuhrumsatzsteuer, also insgesamt 400,54 Euro leisten.
Was ist jetzt?
Jetzt ist fertig.
Bernd hat die Ware korrekt bei der Einfuhr durch seinen Zollagenten am Zoll vorgeführt. Der Zoll hat die Angaben entsprechend genutzt, um den Einfuhrzoll sowie die Einfuhrumsatzsteuer zu berechnen. Nach dem Begleichen der Rechnung ist die Ware für den freien Verkehr zugelassen und kann entsprechend in der EU verkauft werden.